Gottfried Gerstbach Himmelsvorschau September 2024

Liebe Mitglieder des Österreichischen Astronomischen Vereins, liebe Sternfreundinnen und -freunde! 
 
In diesen Tagen beginnt die lang geplante Renovierung des Sterngartens, die nach 25 Jahren notwendig geworden ist. Finanzierbar wurde sie, wenn auch knapp, durch die Spendenaktion 2023 (danke für Ihre Beiträge!) und eine Förderung aus dem Liesinger Kulturbudget.
Die Sternführung am 14.9. und die Meditation am 21.9. werden auf die angrenzende Wiese verlegt.
 
Der August war durch unsere wie immer gut besuchten Perseidenabende am 11. und 12.8. und das ”Picknick unter Sternen” am 31.8. geprägt. Am 11. wurden ab 22 Uhr 72 Perseiden gezählt, wovon der/die Einzelne etwa ein Drittel sehen konnte. Einige dieser mit 68 km/s sehr schnellen Meteore hatten fast Venus-Helligkeit, drei zeigten kurzes Nachleuchten. Gleichzeitige Beobachtungen von 8 unserer Mitglieder, hauptsächlich in NÖ, ergaben nach Berücksichtigung der Sichtbedingungen eine gute Übereinstimmung, auch mit dem Helligkeitsfaktor r dieses Meteorschwarms (siehe der am 28.8. an die Mitglieder des Astrovereins ausgesandte Bericht).
 
Das Manuskript der 100-Jahre-Festschrift „Amateurastronomie in Österreich seit 1920” ist bald fertig und beinhaltet auch die meisten Astrovereine Österreichs. Wie groß die Auflage sein soll (nur für den Festakt am 19. Oktober, oder für möglichst viele Mitglieder) ist noch in Überlegung. 
 
Am 19. und 20. August flog die im April 2023 gestartete Jupitersonde JUICE erstmals an Mond und Erde vorbei, um ”Schwung” für die 7 Jahre lange Reise zum Riesenplaneten zu holen. Dabei wurden ihre Instrumente – insbesondere die Spezialkamera JANUS – an zwei Apollo-Landestellen und im Gebiet Hinterindiens und der Insulinde getestet. 
 
 
Unsere nächsten Termine   –  Anmeldung bitte am Link oder bei Veranstaltungen
Ein ungewöhnliches Angebot hat das Science Center: die Escape-Box ”Ocean Eye” mit realistischen Denkspielen und Rätselspaß zu Themen des Umweltschutzes. Auch der Bildungsminister hat schon mitgetan.
 
Sternbild des Monats: der Drache
 
Der Drache (Draco) ist ein ausgedehntes, gewundenes Sternbild zwischen großem und kleinem Bären, Schwan und Herkules. Mit 1100 Quadratgrad ist es das viertgrößte Sternbild, hat aber nur zwei Sterne 2. Größe (immerhin 6 von 3. Größe). In der griechischen Mythologie stellt es den Drachen dar, der von Herkules bei einer seiner 12 Aufgaben getötet wurde. Der Schwanz beginnt beim Polzeiger des Großen Wagens, von wo er sich nach links um den Kleinen Wagen herum windet und dann scharf nach Süden zum Schwan und der strahlenden Wega abbiegt. Dort bildet der Kopf des Drachen ein Parallelogramm und blickt mit zwei glühenden Augen (β und γ) dem Herkules entgegen.
Diese Augen – welches davon ist rot? – haben den Besuchern des Sterngarten-Picknicks am 31.8. besonders gut gefallen.
 
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Der Stern Alpha Draconis (Thuban) liegt zwischen den beiden Wagendeichseln. Er war im 3. Jahrtausend vor Christus der Nordstern; in 21.000 Jahren wird die Erdachse wieder dorthin zeigen.
 
Draco enthält viele Doppelsterne (von Thuban in Richtung Kopf vor allem die Sterne Eta, Epsilon und Ny Draconis) und viele Galaxien – als hellste die ”Spindelgalaxie” M102 mit ihrem auffälligen Staubband. Außerdem einen der bekanntesten planetarischen Nebel, den Katzenaugen-Nebel NGC 6543, den schon 1786 Wilhelm Herschel genauer untersuchte.
 
Auf Fotoplatten des Palomar Sky Survey wurde 1954 die Draco-Zwerggalaxie entdeckt – als dritter Begleiter unserer Milchstraße nach den beiden Magellan’schen Wolken. Im Jahr 2011 fand man im Drachen den ersten erdähnlichen Exoplaneten um den Stern Kepler-10, sowie 2017 in der 50 Mill. Lichtjahre entfernten Galaxie NGC 5907 den bislang energiereichsten Pulsar. In jeder Sekunde erzeugt er soviel Energie wie die Sonne in 3,5 Jahren.
 
 
Astronomische Übersicht für September 2024
 

Der Schwerpunkt des Abendhimmels ist noch Sommerdreieck (Wega in der Leier, Deneb im Schwan und Atair im Adler), hat sich aber nach Westen verschoben. Hingegen steigt das Herbstviereck – das Quadrat des Pegasus – im Osten empor, mit der ganzen Fünfsternreihe von Andromeda bis Perseus. Im Süden steht der unscheinbare Steinbock, im Südwesten verabschiedet sich der Schütze mit dem Milchstraßenzentrum.

Im Nordwesten geht der Große Wagen seinem Tiefststand entgegen, während Cassiopeia hoch im Nordosten steht.

 
An Planeten zeigt der Abendhimmel den Saturn, während Jupiter und Mars erst gegen Mitternacht aufgehen. Venus steht bei Sonnenuntergang erst wenig über dem Horizont, während Merkur bis Monatsmitte gut am Morgenhimmel zu sehen ist.
 
Sonnenbahn und Dämmerung 
   
Im September nimmt der helle Tag von 13,5 auf 11,9 Stunden ab. Der Sonnenuntergang in Wien ändert sich genau um 1 Stunde von 19:38 auf 18:37 MESZ. Wegen des astronomischen Herbstbeginns am 23.9. ist dies die rascheste Änderung des Jahres (im März sind es nur 45 Minuten). 
Die Auf- und Untergänge sind im Westen Österreichs je nach geografischer Länge später, in Innsbruck z.B. um 20 Minuten.

   
Anfangs ist es bereits gegen 21 Uhr völlig dunkel — und zu Monatsende währt die tiefe Nacht schon 7 Stunden. Die bürgerliche Dämmerung (Sonnentiefe 6°, Lesen im Freien möglich) dauert nur mehr 32 Minuten, die nautische (-12°, am Meer sind Horizont und helle Sterne sichtbar) weitere etwa 37 Minuten. Der Unterschied zur astronomischen Dämmerung (siehe oben) ist aber in oder nahe einer Stadt kaum merklich. 

 
Der Abendhimmel im September
 
Wenn es zur Monatsmitte gegen 20 Uhr MESZ dunkel genug ist, sieht man im Westen, 35° hoch, den hellgelben Arktur im Bärenhüter (α Bootes), während Löwe und Jungfrau schon entschwinden. Rechts von Arktur steht der Große Wagen, zu dem der Bogen der drei Deichselsterne hinweist. Der mit 37 Lichtjahren nächstgelegene Rote Riese ist nach Wega (α Lyrae, fast im Zenit) der hellste Stern am Nordhimmel. Zwischen Arktur und Wega finden wir den schönen Halbkreis der Krone (am Stadtrand immerhin 3-4 Sterne) und den unscheinbaren Herkules. 
 
Für einen Überblick können Sie hier den Sommer- bzw. Herbsthimmel anklicken. Genauer sind unsere Homepage-Sternkarten – z.B. für Sternzeit 19h. Im Südosten (Wassermann) steht zusätzlich der Ringplanet Saturn, während Jupiter (seit 2023 bereits im Stier) erst gegen 23 Uhr aufgeht.
 
Genau im Zenit faucht der Drache seinen Feuerhauch Richtung Herkules. Darunter Ophiuchus (Schlangenträger, Sinnbild für Äskulap), den ich im August als Sternbild des Monats genauer beschrieben habe. Sein hellster Stern Rasalhague bildet mit Wega und Atair ein gleichseitiges Dreieck. Tief im Südsüdwesten erkennen wir noch Antares, den roten Hauptstern im Skorpion. Genau im Süden steht nun der Schütze mit seinen vielen Sternhaufen und Gasnebeln, von denen viele schon im Feldstecher zu sehen sind – am hellsten die Messier-Objekte M 23-25, M 8, M 17 und M 20. Am linken Rand des Sternbildes, wo sich in 25.000 Lichtjahren Entfernung das Zentrum unserer Galaxis verbirgt, stand 2021 Saturn, der inzwischen zum Steinbock wanderte.
 
Das große Sommerdreieck mit Wega (Leier) sowie Deneb (Schwan bzw. nördliches Kreuz) und Atair (α im Adler) wird in 1 Stunde den Meridian erreichen. Wir können es abends bis Jahresende sehen. Im Schwan teilen einige Dunkelwolken die Milchstraße, die sich über den Adler und die Schildwolke zum Schützen hinabzieht. 
Ein Genuss erster Klasse ist es, auf einer Liege, mit einem Feldstecher in der Hand, den tausenden Sternen der Milchstraße im Schwan zu folgen und sich die Tiefen des Universums vorzustellen … Ihr Band ist aber schon im Nordosten mit Perseus und dem „Himmels-W“ der Kassiopeia zu finden, zwischen denen der Doppelsternhaufen  h und χ Persei steht. Die rötlichen Gasnebel rund ums Bild dieser „nur“ 6 Millionen alten Sterne sieht aber nur ein Infrarot-Auge,
 
Der Polarstern steht dieses Jahrhundert nur mehr 40′ vom Himmelsnordpol entfernt. Seinen kleinen 24-Stunden-Kreis hat Hermann Mucke († 12.3.19) im Sterngarten durch die Lochscheibe des Nordmastes veranschaulicht. Links von Polaris reckt sich der kleine Bär empor. In Stadtnähe sieht man aber nur 3-7 Sterne, den Kleinen Wagen. Sie dienen als einfachster Indikator der Lichtverschmutzung: der dritthellste Stern Gamma hat 3.0 mag, der Sternenbogen zwischen α und ß etwa 4.3 mag. Im Laufe der Nacht dreht er sich links unter den Polarstern; mit dem sogenannten Nokturnal hat man im Mittelalter aus dieser Drehung die Uhrzeit fürs morgendliche Stundengebet bestimmt. 
 
Gegen 23 Uhr hat auch der Schwan schon den Meridian überschritten, zwischen ihm und Polaris steht das unscheinbare Fünfeck des Kepheus. Im Süden finden wir nun die unauffälligen Tierkreis-Sternbilder Steinbock und Wassermann (mit Saturn), weiter links die Fische und den Widder. Halbhoch im Osten steht die Fünfsternreihe aus Pegasus, Andromeda und α Persei. Unter ihnen steigt langsam der Widder empor, und um 24 Uhr im Osten das Sternwölkchen der Plejaden und der Stier, den seit 2023 der hellgelbe Jupiter durchwandert.
 
 
Sichtbarkeit der großen Planeten 
  • Merkur hat bis Mitte September eine gute Morgensichtbarkeit, besonders vom 6.-11. September. Am 5.9. erreicht er mit 18° den größten Abstand von der Sonne und ist genau halb beleuchtet. Danach wird er heller und deshalb auch leichter sichtbar.
  • Venus baut ihre Rolle als Abendstern nur zögerlich aus. Sie geht die nächsten Wochen fast konstant 50 Minuten nach der Sonne unter und ist eher nur im Fernglas zu finden. Im Teleskop erscheint sie klein (nur 12”) und rundlich.
  • Mars und Jupiter stehen zwischen Stier und Zwillingen. Sie gehen gegen Mitternacht auf und stehen um 3 Uhr 30° hoch im Osten.
    • Nachteulen können sich nun bereits am Spiel der 4 hellen Jupitermonde erfreuen. So gibt es am 10. und 17.9. von 1 bis 5:30 Schatten- und Verfinsterungen der Monde I und II, während der größte Mond III am 7. und 14. seinen Schatten auf Jupiter wirft, am 21.. aber erst im Morgengrauen.
  • Saturn im Wassermann ist schon in der Dämmerung im Südosten zu finden und steht am 8.9. in Opposition zur Sonne. Weil der Ring bereits sehr schmal aussieht (3.7°, Kantenstellung 2025), ist Saturns Helligkeit mit 0.6 mag etwas geringer als gewohnt.
    • Wegen der Bahnlage sieht man nun  alle Monde fast in einer Linie. Der größte Saturnmond Titan hat am 5. und 21.9. westliche Elongation, am 13. und 29.9. steht er weit östlich des Planeten.
  • Uranus im Stier beginnt seine Oppositionsschleife, Neptun in den Fischen erreicht die Opposition am 20. September.
  • Helle Kleinplaneten: nur (7) Iris im Steinbock, Helligkeit 8.6–> 9.1 mag; Kulmination am 15. um 22:20 Uhr. Knapp heller als 10 mag sind noch 15 Eunomia (Fuhrmann), 20 Massalia (Fische), 39 Laetitia (Cetus) und 194 Prokne (Wassermann, außergewöhnliche 9.5 mag statt sonst 11-12 mag)
Mondphasen:
Neumond (Nr.1258) Di 3.9 *), Erstes Viertel Mi 11.9., Vollmond Mi 18.9., Letztes Viertel Di 24.9.
*) partielle Mondfinsternis, kleiner Teil im Kernschatten von 4:12 bis 5:17 MESZ. 
 

Konjunktionen (Zeiten in MESZ):

  • 1.9., 11h:  Mondsichel 5° nördlich von Merkur
  • 5.9., 05h:  Merkur größte westliche Elongation, 18°
  • 5.9., 12h:  Mondsichel 1,2° südlich von Venus; um 19h 4,3°
  • 8.9., 07h:  Saturn in Opposition zur Sonne
  • 17.9., 12h: Mond 0,3° nördlich von Saturn (am 21.8. war eine Saturnbedeckung, s.Homepage S.2)
  • 18.9., 05h: Partielle Mondfinsternis (nur 9% im Kernschatten), in Mitteleuropa großteils beobachtbar – siehe Homepage S.1
  • 18.9., 10h: Mond 0,7° nördlich von Neptun
  • 21.9., 02h: Neptun in Opposition zur Sonne
  • 22.9., 09h: Mond 4,5° nördlich von Uranus
  • 22.9., 14:44h Sonne im Herbstpunkt, Tag- und Nachtgleiche
  • 24.9., 01h: Mond 5,8° nördlich von Jupiter
  • 25.9., 14h: Mond 4,9° nördlich von Mars
  • 30.9., 23h: Merkur in oberer Konjunktion
 
Sternbedeckungen durch den Mond:
 
Kometen heller als 11 mag 
  • Komet 13P Olbers: Der periodische Komet ist weiterhin am frühen Abendhimmel sichtbar und zieht als Objekt mit 9 bis 10.5 mag von der Coma zum Arktur – in den ersten Monatstagen ca. 2° beim Kugelhaufen M53.
  • Der ”Oktober-Komet” C/2023 A3 Tsuchinshan/Atlas hat seien Perihel durchlaufen und wird zu Monatsende am Morgenhimmel auftauchen
    • Aus SuW 2024/9 Beispiel für Leipzig 30.9.: um 6:30 steht Sonne 6° unterm Horizont, der Komet 5° hoch und hat evtl. schon 1 mag. 
  • Hier geht es zur Berechnung der Ephemeriden von Kometen und Kleinplaneten: https://minorplanetcenter.net/iau/MPEph/MPEph.html
Meteorströme:
  • Die Aurigiden zeigen bis 5.9. mehrere bis Dutzende sehr schnelle Meteore.
  • Der Strom der September-Perseiden ist schwächer, aber bis 20.9. aktiv.
  • Vereinzelte Pisciden (mit 25 km/s sehr langsam) sind im ganzen September zu beobachten.
  • Weitere Daten siehe die Liste in der Wikipedia.
 
Besuchenswerte Sternwarten und Astrovereine in Wien und NÖ:
Einen schönen Spätsommer wünscht 
Dr. Gottfried Gerstbach