Gottfried Gerstbachs Himmelsvorschau Dezember 2022

Gottfried Gerstbachs Himmelsvorschau Dezember 2022

Beitragvon Laadoc » Mo 5. Dez 2022, 11:59

Im Dezember zeigt der Sternhimmel, was er kann: im Laufe des Monats lassen sich alle Planeten am Abendhimmel blicken – der Mond wartet mit gleich zwei Planetenbedeckungen auf – und die strahlenden Wintersternbilder kommen im Osten hoch.

Jupiter leuchtet abends im Süden, er kulminiert zur Monatsmitte um etwa 18h MEZ. Saturn ist schon zum Südwesten gesunken und geht bald nach 21h unter. Mars hat am 8.12. seine Opposition, die heuer besser als 2020 zu beobachten ist, obwohl etwas weiter von der Erde entfernt. Er steht abends schon hoch im Osten, fast so hell wie Jupiter. Merkur und Venus werden ab etwa 20. Dezember am Abendhimmel sichtbar. Mit der Linie Mars-Jupiter-Venus lässt sich dann die Ekliptik optimal demonstrieren.

Im Westen steht um 18h das Sommerdreieck etwa in halber Höhe, während sich die Sternbilder der Milchstraße quer über den ganzen Himmel bis zu den ersten Wintersternbildern im Osten ziehen. Es kulminieren Kassiopeia, Herbstviereck und Andromeda, und gegen 19h zeigt uns der Oriongürtel seinen senkrechten Aufgang.

Am 14.12. hat der Meteorstrom der Geminiden sein Maximum – er ist etwas stärker als die Perseiden im August, und auch der Mond stört nicht. Im Sterngarten könnten es stündlich ca. 30 Sternschnuppen werden, bei sehr dunklem Himmel bis 100. Für Ausdauernde empfiehlt sich eine Liege plus warmer Schlafsack.

Sonnenbahn und Dämmerung

Im Dezember verkürzt sich der helle Tag weiter von 8,7 auf 8,4 Stunden. Astronomischer Winterbeginn (Sonnenwende) ist am 21.12. um 22:48 Uhr. Der Sonnenaufgang in Wien verschiebt sich von 7:24 auf 7:45 Uhr. Hingegen variiert der Sonnenuntergang nur wenige Minuten (16:03 - 16:00 - 16:10 Uhr), was mit der leicht elliptischen Erdbahn zusammenhängt. Im Westen Österreichs sind die Auf- und Untergänge je nach geografischer Länge später, in Innsbruck z.B. um 20 Minuten.

Völlig dunkel ist es bereits gegen 17:45, und die tiefe Nacht währt fast 13 Stunden. Die bürgerliche Dämmerung (Sonnentiefe 6°, Lesen im Freien möglich) dauert 37 Minuten, die nautische (-12°, am Meer sind Horizont und helle Sterne sichtbar) weitere 40 Minuten. In der anschließenden astronomischen Dämmerung (Sonne -12 bis -18°) wird der Himmel in Stadtnähe aber kaum mehr dunkler.

Der Abendhimmel im Dezember

Wenn es zur Monatsmitte um 17:15 MEZ dunkel genug ist, sieht man im Westen noch das Sommerdreieck Leier-Schwan-Adler in 30-60° Höhe und im Süden das große Quadrat des Pegasus, das Herbstviereck. Es stellt den Rumpf des mythologischen Himmelspferdes dar, das aber seine Flugkünste kopfüber durchführt. Hals und Kopf verlaufen von den zwei tieferen Sternen des Quadrats nach rechts. Unterhalb des Pferdehalses steht der Wassermann, und genau im Meridian in 10° Höhe leuchtet Fomalhaut (α im Südlichen Fisch). Der weiße Riesenstern hat zwei Begleiter, eine Staubscheibe und den 2008 entdeckten Exoplaneten Dagon.

Nach links setzt sich der Pegasus in der Fünfsternreihe über die Andromeda bis zum Perseus fort. Darunter, 40° hoch im Osten, steht der kleine Sternenbogen des Widder, darunter der viereckige Kopf von Cetus, dem Meeresungeheuer der Andromeda-Perseus-Sage. Das zugehörige äthiopische Königspaar Cassiopeia und Kepheus finden wir, nun nach Norden gewendet, zwischen Zenit und Polarstern. Tief unter diesem steht der Große Wagen, nun knapp über dem Nordhorizont. In unserer Homepage finden Sie die abendliche Sternkarte hier.

Um etwa 21 Uhr ist von Osten bis Südosten das große Wintersechseck (auch "Sechseck um Orion") emporgestiegen. Es besteht im Uhrzeigersinn aus den hellen Sternen Capella (60° hoch im Osten), dem roten Stierauge Aldebaran, dem weißen Riesen Rigel (rechter Fuß des Orion), Sirius (Großer Hund, siehe unten), Prokyon (kleiner Hund) und Pollux (Zwillinge). Inmitten des Sechsecks steht der rote Riese Beteigeuze. Er ist etwa 700x größer und 50.000x heller als unsere Sonne und dürfte in den nächsten 50.000 Jahren als Supernova explodieren. Trotz 600 Lichtjahren Entfernung würde er dann einige Wochen heller als der Vollmond sein.

Die drei Sterne des Oriongürtels gehen senkrecht auf, aber waagrecht unter (12 Stunden später, bzw. abends im Frühjahr). Unter ihm erkennt schon das bloße Auge den Orionnebel, eine 50 Lichtjahre große, turbulente Gaswolke mit gerade entstehenden Sternen. Der Oriongürtel zeigt nach rechts hinauf zum roten Aldebaran und dem Sternhaufen der Hyaden, nach links zum horizontnah funkelnden Sirius, dem scheinbar hellsten Stern des Himmels. Er ist mit 8,6 Lichtjahren der achtnächste Stern. Zwar nur 2x größer als unsere Sonne, hat er aber wegen seiner 11.000° heißen Photosphäre die 22-fache Leuchtkraft. Sein Begleiter, der weiße Zwerg Sirius B, wurde 1844 von Bessel aus periodischen Positionsschwankungen von Sirius entdeckt, konnte aber in dessen gleißendem Licht erst 1862 gesichtet werden.

Die winterliche Milchstraße ist etwas schwächer als die des Sommers und in Stadtnähe wegen der immer noch zunehmenden Lichtverschmutzung kaum mehr zu sehen. Dafür ist eine Grenzhelligkeit von mindestens 4 mag erforderlich, was z.B. beim Sterngarten im Südwesten Wiens und im Norden von Linz oder Salzburg möglich ist. Sie verläuft vom Schwan (um 21h tief in WNW) über Kepheus, Kassiopeia und Perseus (nun im Zenit) zum Fuhrmann (Hauptstern Capella) hoch im Osten. Zwischen Zwillingen und Orion erreicht sie die größte Breite -- denn unser Sonnensystem liegt ja nahe am Orion-Spiralarm.

Mit einem Feldstecher kann man auch bei aufgehelltem Himmel der galaktischen Sternenfülle nachgehen und beim Streifzug auch mehrere Sternhaufen bewundern: zwischen Perseus und Kassiopeia den Doppelsternhaufen h/Chi Persei und vor allem im Stier die Plejaden und die Hyaden.

Schöne Messier-Objekte fürs Teleskop:
* Im Schwan noch die Offenen Sternhaufen M39 und M29, im Pegasus der Kugelsternhaufen M15, darunter M2 im Wassermann
* Andromeda/Perseus: Andromedanebel M31 (um 19h zenitnah, daher auch in der Stadt); Doppelsternhaufen h/chi Persei; evtl. Dreiecksnebel M33
* im Osten die Plejaden; ab ca. 20h die offenen Sternhaufen M35 bis M38 (Fuhrmann und Zwillinge), ab 21h der Orionnebel.


Sichtbarkeit der großen Planeten

• Merkur beginnt Mitte Dezember – ebenso wie Venus – eine bescheidene Abendsichtbarkeit und geht 70 Minuten nach der Sonne unter, am 22.12. schon 85, zum Jahreswechsel wieder 70 Minuten. Die Helligkeit sinkt aber von -0.5 auf +0.7 mag. Am 24.12. erscheint er im Fernrohr mit 7“ wie ein winziger Halbmond. Am 29. begegnet er Venus 1,4° nördlich.
• Venus vergrößert ihren Sonnenabstand von 10 auf 18°. Um den 20.12. wird sie freiäugig sichtbar und geht 1 Stunde nach der Sonne unter. Zum deutlichen Abendstern wird sie aber erst im Jänner.
• Mars erreicht am 8.12. seine Opposition im Stier; Entfernung mittel, aber hoch am Himmel und -2mag! Die rückläufige Bewegung ist an Aldebaran (22.12.) gut erkennbar. Bedeckung durch Mond 8.12., in Wien 6:07–7:01 MEZ (siehe AAÖ S. 66–81)
• Jupiter in den Fischen abends hell im Süden, Durchmesser von 44“ auf 39“ sinkend, Untergänge von 1:10 –> 23:20
o Jupitermonde: ca. jeden 3. Tag Schattendurchgänge und Verfinsterungen – siehe Almanac AAÖ S. 54-58
• Saturn abends schon tief im Südwesten, Untergänge ca. 21:30 –> 19:50
o Größter Mond Titan 8.8 mag, westliche Elongation am 6. und 22.12., östliche am 14. und 30.12.
• Uranus im Widder; am 5.12. Bedeckung durch Mond (Wien 17:34–18:55), Untergänge ca. 5:30 –> 3:30
• Neptun im Wassermann, Kulmination am 15.12. um 17:55, Untergang 23:35

Mondphasen: Vollmond Do 8.12, Letztes Viertel Fr 16.12., Neumond Fr 23.12., Erstes Viertel Fr 30.12.
Sternbedeckungen durch den Mond: nur 7 schwache Sterne (6.5–7.4 mag), siehe AAÖ S. 66 ff

Konjunktionen:
• 01.12., 14h: Mond 3,2° südlich von Neptun
• 02.12., 02h: Mond 2,5° südlich von Jupiter; um 1h Abstand 3,7°
• 05.12., 18h: Mond bedeckt Uranus (siehe oben und AAÖ S. 66
• 08.12., 6-7h: Mond bedeckt Mars (Wien 6:07–7:01, Innsbruck 6:08–7:03)
• 08.12., 07h: Mars in Opposition (Erdnähe 1.12., 82 Mill. km; Durchmesser immerhin 17“)
• 21.12., 16h: Merkur östliche Elongation, Sonnenabstand 20°
• 21.12., 23h: Winter-Sonnenwende (Sterngarten-Führung am So 18.12.)
• 24.12., 12h: Mond 3,5° südlich von Venus; um 17h Abstand 4,6°
• 24.12., 20h: Mond 3,8° südlich von Merkur; um 17h Abstand 5,2°
• 26.12., 17h: Mond 4,0° südlich von Saturn
• 28.12., 21h: Mond 3,0° südlich von Neptun
• 29.12., 10h: im Fernglas: Merkur bei Venus (1,4° nördlich; um 17h Abstand 1,5°)
• 29.12., 12h: Mond 2,3° südlich von Jupiter; um 17h Abstand 3,3°
Kleinplaneten bis 10 mag:
• 1 Ceres (Löwe, 8.4 mag), 2 Pallas (Gr.Hund, 7.8), 3 Juno (Wassermann, 9.4), 4 Vesta (Wassermann, 8.1 mag)
• 6 Hebe (Krebs, 9.5), 27 Euterpe (Widder, 9.4-10mag), 30 Urania und 349 Dembowska (beide Stier, ~9.7 mag)
Enge Begegnungen mit Sternen (aus Sterne und Weltraum 2022/12):
• 03.12., 20h 115 Thyra (9.9 mag) 7’ westlich von 20 Per (5.3 mag)
• 08.12., 02h 2 Pallas (7.9 mag) 3’ westlich von Hip.34782 (6.1 mag)
• 11.12., 18h 30 Urania (9.9 mag) 3’ südlich von 36 Tau (5.5 mag)
• 16.12. 06h 1 Ceres (8.4 mag) 2’ westlich von 12 Vir (5.8 mag)
• 30.12., 19h 1 Ceres (8.2 mag) 3’ westlich von NGC 4442 (10.5. mag)
Helle Kometen: (bis 10 mag)
• C/2022 E3 (ZTF) 7–> 6.5 mag, Schlange Kopf zur Krone (umgekehrt wie Oktober), zwischen δ–ε CrB, Monatsende bei ι CrB; Aufsuchkarten etc. siehe Kometarium
• C/2022 V2 (ZTF) 9 mag, Dra–Cam–Polaris–Cep
Meteorströme:
* Geminiden 4. bis 17.12., Maximum am 14.10., stärker als Perseiden, mit 35 km/s eher langsam, bis 100/Stunde. Mondaufgang 22h!
* Ursiden 17.-26.12., Maximum 23.12., Komet 8P/Tuttle. Üblich ca. 10 pro Stunde, heuer 20-30 möglich.+
* Siehe auch Meteor-Kalender.

Die News aus Astronomie und Raumfahrt
kommen erst wieder im Jänner – denn Priorität hat derzeit das Programm fürs erste Halbjahr 2023.

Besuchenswerte Sternwarten und Astrovereine in Wien & NÖ:
• Kuffner-Sternwarte (1160 Wien): http://kuffner-sternwarte.at/index.php (veranstaltet auch Beobachtungen im Lichtschutzgebiet Großmugl)
• Urania-Sternwarte und Planetarium: https://www.vhs.at/de/e/planetarium
• WAA (Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie): https://www.waa.at
• Antares (St. Pölten) und Sternwarte Michelbach: http://www.noe- sternwarte.at/
• Astrostation Hochbärneck und Astr. Arbeitskreis Amstetten: http://www.astrostation.at
• Leiserberge-Sternwarte: http://www.leiserbergesternwarte.at
• Leitzersdorf, Astronom. Gesellschaft: http://agl.or.at
• Martinsberg, Sternwarte Orion: http://www.sternwarte.wvnet.at
• Waldviertler Astr. Gesellschaft: http://www.sternwarte-hoehenberg.at
• Sauerbrunn, Burgenländische Amateurastronomen: https://www.alrukaba.at
• Naturhistorisches Museum, Meteorsammlung (Saal 5) und Meteorradar.
Mit adventlichen Grüßen,

Dr. Gottfried Gerstbach
Vorsitzender des ÖAV
Laadoc
 
Beiträge: 246
Registriert: So 2. Nov 2014, 13:53

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