Gottfried Gerstbach 2020

Gottfried Gerstbach 2020

Beitragvon Laadoc » Sa 4. Jan 2020, 18:29

Liebe Mitglieder des Österreichischen Astronomischen Vereins, liebe Sternfreunde!

Ich wünsche Ihnen allen ein gutes Neues Jahr und Freude an der Welt, besonders an ihrer "oberen Hälfte"!
Das Programm 2020-1 befindet sich auf dem Weg zur Post, der Druck hat sich etwas verzögert. Im Jänner gibt es vier Veranstaltungen des Astrovereins:

• Fr, 10.1., 19:00 Sterngarten; Norbert Pachner: Die unscheinbare Mondfinsternis und der Winterhimmel. Ab wann erkennt man den Halbschatten der Erde?
• Sa, 11.1., 19:00 Referatabend, Walfischgasse 12; Georg Zotti, Ludwig Boltzmann Institut: Astronomischer Almanach für Österreich – ein digitaler Nachfolger des Österreichischen Himmelskalenders
• Mi, 22.1., 16:15 Naturhistorisches Museum: Sonderführung zur Ausstellung „Der Mond. Sehnsucht, Kunst und Wissenschaft”. Eintritt: € 10,–. Die Führungsgebühr übernimmt für Mitglieder der Astroverein. Maximal 29 Teilnehmer. Anmeldung: astroverein.at/veranstaltungen. Die Eintrittskarte gilt auch für den anschließenden Vortrag:
• Mi, 22.1., 18:30 Arnold Hanslmeier, Universität Graz (bekannter Buch-Autor): Der Mond - immer noch ein Rätsel?

Sonnenbahn und Dämmerung
Im Jänner verlängert sich der helle Tag von 8,4 auf 9,4 Stunden. Die Sonnenwende) war am 22.12. um 5 Uhr.
Der Sonnenaufgang in Wien (Urania-Sternwarte) verschiebt sich von 7:45 auf 7:25, der Sonnenuntergang von 16:10 auf 16:51 Uhr. Im Westen Österreichs sind die Auf- und Untergänge je nach geografischer Länge später, in Innsbruck z.B. um 20 Minuten.
Völlig dunkel ist es bereits gegen 18:20, die tiefe Nacht währt knapp 13 Stunden. Die bürgerliche Dämmerung (Sonnentiefe 6°, Lesen im Freien möglich) dauert 35 Minuten, die nautische (-12°, am Meer sind Horizont und helle Sterne sichtbar) weitere 38 Minuten. In der anschließenden astronomischen Dämmerung (Sonne -12 bis -18°) wird der Himmel völlig dunkel, in Stadtnähe allerdings kaum mehr.

Der Abendhimmel im Jänner
Sternkarten für jede Stunde finden Sie in unserer Homepage https://www1.astroverein.at/beobachten
z.B. für 3 Uhr Sternzeit hier.
Gegen 17:30 Uhr (nautische Dämmerung) steigen im Osten bereits große Teile des Wintersechsecks empor: die helle Capella im Fuhrmann und der rote Aldebaran im Stier, unter ihm der Oberteil des Orion, weiter links die Zwillinge. Deren Hauptsterne Castor/Pollux und der Oriongürtel stehen beim Aufgang senkrecht -- beim Untergang in Frühjahr hingegen waagrecht.
Aldebaran ist mit 65 Lichtjahren ein relativ naher Roter Riese und hat deshalb eine große Eigenbewegung von 0,1° pro Jahrhundert. Er ist 35x größer als die Sonne, aber nur halb so heiß. Er steht weit vor dem Sternhaufen der Hyaden, die als V rechts von ihm den Stierkopf bilden. Das Sternwölkchen oberhalb sind die Plejaden (Siebengestirn), von dem ein durchschnittliches Auge 5-6 Sterne erkennt. Die langen Hörner des Stiers zeigen nach links, Capella darüber (α im Fuhrmann) ist der fünfthellste Stern am Himmel und ein spektroskopischer Doppelstern mit 2,5 und 2,8 Sonnenmassen. Das enge Paar umkreist sich in nur 104 Tagen und ist zusammen 30x heller als unsere Sonne.

Im Westen ist, bereits schräg, noch das große Sommerdreieck Schwan-Leier-Adler zu sehen. Rechts der hellen Wega (α Lyrae) glühen die Augen des Drachen, dessen Z-förmiger Körper sich zum tief im Norden stehenden Großen Wagen windet.
Hoch im Süden stehen Andromeda und Pegasus (Herbstviereck), und fast im Zenit die Andromeda-Galaxie M31. Sie ist bei dunklem Himmel mit freiem Auge sichtbar. Ihr elliptischer Kern ist so hell, dass man ihn im Feldstecher auch in der Stadt erkennen kann. Wenn nicht, schreiben Sie Ihrem Bürgermeister und dem Magistrat, dass die Straßenbeleuchtung spätestens um 22h gedämpft wird!

Unter Andromeda und dem Pegasus-Quadrat stehen die schwachen Sternbilder Fische und Cetus (Wal). Im SSW in 10° Höhe funkelt Fomalhaut, der hellste Stern im südlichen Fisch. Großteleskope konnten einen Staubring und einen jupitergroßen Exoplaneten nachweisen. Im Zenit leuchtet das W der Cassiopéia. 15° tiefer (östlich), auf halbem Weg zur Sternenkette im Perseus, erkennen gute Augen ein Nebelfleckchen -- den Doppelsternhaufen h/Chi. Im Fernglas sind 10-20 Sterne zu erkennen, im Teleskop mehrere hundert.

Um 20 Uhr steht Capella bereits 70° hoch im Osten, darunter die Zwillinge Castor & Pollux. Durch beide Sternbilder steigt steil die Milchstraße empor, genau durch den Zenit (Perseus) und weiter zur Cassiopeia und zum Schwan im Nordwesten. Stadtbewohner sehen die Milchstraße fast nie, aber nur 10 km westlich von Wien -- unserm Beobachtungsplatz über Tullnerbach -- lässt sich das leicht nachholen.
Im Südosten ist nun der himmlische Jäger Orion hochgestiegen. Unter den drei Sternen seines Gürtels ist freiäugig der Orionnebel M42 als diffuser Fleck zu erkenne -- ein riesiges Sternentstehungsgebiet in 1600 Lichtjahren Distanz. Langzeitaufnahmen zeigen rund um das Sternbild viele rötlich leuchtende Wasserstoffwolken, in denen jedes Jahr 1-2 neue Sterne entstehen.
Der Oriongürtel zeigt nach links zum horizontnah funkelnden Sirius, dem scheinbar hellsten Stern des Himmels. Er ist mit 8,6 Lichtjahren der achtnächste Stern. Zwar nur 2x größer als unsere Sonne, hat er aber wegen seiner 11.000° heißen Photosphäre die 22-fache Leuchtkraft. Sein Begleiter, der weiße Zwerg Sirius B, wurde 1844 von Bessel aus periodischen Positionsschwankungen von Sirius entdeckt, konnte aber in dessen gleißendem Licht erst 1862 gesichtet werden.

Gegen 21 Uhr kulminieren die zwei bekannten Sternhaufen im Stier: die Hyaden als liegendes V beim roten Aldebaran, und rechts oberhalb die Plejaden mit ihren 5-6 dicht gedrängten Sternen. Ein scharfes Auge kann sogar 8-10 Sterne erkennen, insgesamt sind es 500.
Inzwischen steigt im Nordosten der Große Wagen empor. Seine oberen Kastensterne zeigen nach links zum Polarstern, seine unteren nach rechts zum aufgehenden Löwen. Im Südosten strahlt Sirius, der hellste Stern am Himmel, in der Verlängerung des Oriongürtels. Er ist 2x größer als unsere Sonne und 8 Lichtjahre entfernt. Manchmal funkelt er in allen Farben, weil die Luft die Bestandteile seines weißen Lichts unterschiedlich bricht. Sein kleiner Begleiter Sirius B war der erste, 1862 entdeckte weiße Zwerg. Bessel hatte ihn schon 1844 vermutet, weil er an Sirius winzige Positionsschwankungen feststellte.

Sichtbarkeit der großen Planeten
• Merkur überholt die Sonne am 10.1. und taucht in der Abenddämmerung gegen Ende des Monats im Westsüdwesten auf. Er wird dann -- klare Luft vorausgesetzt -- freiäugig bis Mitte Feber zu sehen sein.
• Venus steht als strahlender Abendstern nun immer länger am Himmel: ihre Untergänge in Wien verschieben sich von 19:03 auf 20:28 Uhr, der Sonnenabstand wächst von 34° auf 41°. Am 28.1. zieht die zarte Mondsichel knapp unter der Venus vorbei -- diesen Anblick sollten Sie nicht versäumen!
o Von den anderen drei großen Planeten stehen hingegen zwei am Morgenhimmel:
• Mars wandert, noch unauffällig, vom Skorpion (am 8.1. bei den Kopfsternen) in den Schlangenträger. Am 18.1. steht er 5° nördlich von seinem "Namensvetter" Antares (Gegen-Mars), ist aber deutlich schwächer als der Rote Riesenstern.
• Jupiter taucht im Laufe des Monats im Südosten auf und beginnt seine 11-monatige Sichtbarkeitsperiode, während
• Saturn noch jenseits der Sonne steht und erst im Februar sichtbar wird. Im Dezember wird ihn Jupiter zu einer sehr engen Konjunktion "einholen".
• Uranus ist als Sternchen 6. Größe in den Widder gewandert und im Fernglas bis Mitternacht zu sehen. Im Teleskop ist sein Scheibchen von 3.5" ab 100x Vergrößerung zu erkennen. Neptun im Wassermann findet man abends 40° weiter rechts und mit 2.4" grad von einem Stern zu unterscheiden.
Mondphasen:
Erstes Viertel 3.1. (und 2.2.), Vollmond 10.1. (Mondfinsternis), Letztes Viertel 17.1., Neumond (Nr.1201) am 24.1.; bestes Erdlicht am 28.1. abends

Besonders interessante Beobachtungsobjekte im Jänner

Helle Messier-Objekte:
• Im Schwan noch die Offenen Sternhaufen M39 und M29, im Pegasus der Kugelsternhaufen M15
• Andromeda/Perseus: Andromedagalaxie M31 -- hoch im Westen, daher auch in der Stadt; evtl. Dreiecksnebel M33
• nahe dem Zenit der Doppelsternhaufen h/chi Persei
• hoch im Süden die Plejaden und der Spiralnebel M74
• im Osten ab ca. 20h die offenen Sternhaufen M35 bis M38 (Fuhrmann, Zwillinge) und im Südosten der Orionnebel.
Konjunktionen:
• 02.1., 16h: Merkur 1,5° südlich von Jupiter, aber praktisch unbeobachtbar (nur 6° westlich der Sonne)
• 04.1., 19h: Halbmond 5,2° südlich von Uranus
• 07.1., 01h: Mond 8° südlich der Plejaden und 22:30 2,6° nördlich Aldebaran ("Goldenes Tor der Ekliptik").
o An diesen zwei Abenden lässt sich die Bewegung des Mondes (13° täglich) besonders gut verfolgen, evtl. auch am 13.1.
• 10.1., 16h: Merkur in Oberer Konjunktion (jenseits der Sonne)
• 10.1., 19-21h: Halbschatten-Mondfinsternis
• 11.1., 24h: Vollmond 0,8° nördlich des hellen Sternhaufen Praesepe (M43)
• 13.1., 13h: Mond 2,9° nördlich von Regulus (Mondaufgang 20h)
• 13.1., 16h: Saturn in Konjunktion -- er steht genau hinter der Sonne
• 16.1., 19h: Mars 4,8° nördlich vom ebenfalls roten Antares. Am besten vor-/nachher um 5h zu sehen, wie auch folgendes:
• 20.1., 20h: Mond 2° nördlich von Mars; Mond um 16h 6,6° nördlich von Antares
• 23.1., 2:40 Mond nur 0,8° südlich von Jupiter. Sichtbar nur im Teleskop ab 7 Uhr tief im Südsüdosten, 21° westlich der Sonne
• 27.1., 20h: Venus nur 0,1° südlich von Neptun. Am besten 19h bei 0,15° beobachten (Untergang 20:20 Uhr)
• 28.1., 07h: Mond 4,9° südlich von Venus. Am besten um 17:30 beobachten (Mond 5° südöstlich)

Sternbedeckungen durch den Mond:
Siehe https://www1.astroverein.at/beobachten/ ... esterreich, Seite 62 ff (Daten für Wien und Innsbruck)
Sternbedeckungen für Wien, Jan.-März 2020 siehe Anhang

Hellste Kleinplaneten:
• 1 Ceres (unbeobachtbar), am 13.1. in Konjunktion (Schütze); Opposition am 28.8. mag im Schützen
• 4 Vesta 7.4 bis 7.9 mag, abends im Walfisch und südlichem Widder. Opposition war am 12.11. Weitere Daten siehe Minor Planet Center
Kometen:
• Panstarrs C/2017 T2: 9.2 mag in Giraffe, Perseus, Cassiopeia. Kulmination am 2.1. 20:30 im Norden 83° hoch
o 9.1. RA./Dekl. 02:59,6/56°21', 16.1. 02:42,2/56°57', 23.1. 02:28,1/57°26'
• weitere Kometen: ASASSN C/2018 N2 (13 mag, Andromeda), 155P Shoemaker (13 mag, Löwe) und www.aerith.net/comets

Meteorströme:
• Quadrantiden: Maximum am 4.1. morgens 2-4 Uhr im Osten, zweitstärkster Strom des Jahres. Heuer günstig, weil der Mond um Mitternacht untergeht. Die Sternschnuppen kommen bis 12.1. aus den Sternbildern Bootes, Herkules und Drache. Die Erde durchfliegt die Raumbahn des Kleinplaneten 2003 EH1, von dem die cm-großen Teilchen stammen dürften.
• Ursae Minoriden: neuer, schwacher Strom, ca. 10. bis 16.1., siehe Meteor-Kalender 2020

News aus der astronomischen Forschung und Raumfahrt:
. . . . folgen in einigen Tagen
Einführende Literatur:
• Hermann Mucke: Himmelskunde im Freiluftplanetarium Wien. Um 10 € bei Führungen und Referatabenden des Astrovereins
• Sven Melchert: Alles über Astronomie , um 10 € im Kosmos-Verlag 2017
• Sky & Telescope: Astronomy for Beginners bzw. die wichtigsten Grundbegriffe (engl.)
• und fürs Nachdenken 30 unglaubwürdige Fakten zum Weltall: https:// www.youtube.com/watch?v=u2dTM45D83E

Besuchenswerte Sternwarten und Astrovereine in Wien & NÖ:
Kuffner-Sternwarte (1160 Wien): http://kuffner-sternwarte.at/
index.php (veranstaltet auch Perseiden-Nächte in Großmugl) Urania-Sternwarte und Planetarium: https://www.vhs.at/de/e/planetarium WAA (Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie): https://www.waa.at Antares (St. Pölten) und Sternwarte Michelbach: http://www.noe- sternwarte.at/
Astr. Arbeitskreis Amstetten: http://www.amstetten.noe.gv.at/Arbeitskreise. 335.0.html
Leiserberge-Sternwarte: http://www.leiserbergesternwarte.at
Leitzersdorf, Astronom. Gesellschaft: http://agl.or.at
Martinsberg, Sternwarte Orion: http://www.sternwarte.wvnet.at Waldviertler Astr. Gesellschaft: http://www.sternwarte-hoehenberg.at Sauerbrunn, Burgenländische Amateurastronomen: https://www.alrukaba.at Naturhistorisches Museum, Meteor-Radar im Saal 5: http://www.nhm- wien.ac.at/forschung/mineralogie_petrographie/meteor

Auf rege Inanspruchnahme der Angebote und auf interessante Kontakte freut sich
Dr. Gottfried Gerstbach
1. Vorsitzender des ÖAV
Laadoc
 
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