G. Gerstbachs Newsletter August 2019

G. Gerstbachs Newsletter August 2019

Beitragvon Laadoc » So 4. Aug 2019, 11:41

Liebe Mitglieder des Österreichischen Astronomischen Vereins, liebe Sternfreunde!

Im August gibt es drei interessante Abende im Sterngarten Georgenberg:

So 11.8. und Mo 12.8., ab 21 bis ca. 1 Uhr: Beobachtung der Perseiden-Sternschnuppen.
Wenn wieder so viele kommen wie 2018, können wir den gesamten Himmel mehrfach überwachen -- ganz abgesehen vom Erlebniswert. Und wenn die Kinder bei besonders hellen Meteoren jubeln, ist sogar eine "emotionale Helligkeits-Statistik" drin ...
Für Nachteulen: Die besten Bedingungen gibt es ab 3 Uhr, wenn der Mond untergegangen ist und die Erdrotation den Perseiden entgegenkommt.

Sa 31.8. ab 19 Uhr: "Picknick unter Sternen" mit Werner Gruber, Maria Pflug-Hofmayr, Georg Zotti et al.
Nach Einbruch der Dunkelheit: Sternbilder und ihre Sagen, Milchstraße, Jupiter und Saturn in Teleskopen usw.
Decke und Picknick-Korb mitbringen! Bei Schlechtwetter Ersatztermin 7.9., 19h; bitte ab 29.8. auf Homepage www.astroverein.at nachsehen!

Weiterhin dominieren die Riesenplaneten Jupiter und Saturn den südlichen Abendhimmel, erreichen aber nur knapp 20° Höhe über dem Horizont. Jupiter ist bis etwa Mitternacht gut sichtbar, ebenso (schon im Feldstecher) der Tanz seiner vier großen Monde. Saturn steht bis 2 Uhr über dem Horizont.
Der strahlend gelbe Jupiter bildet nun mit Wega (Leier) und Arktur (Bärenhüter), den hellsten Sternen des Nordhimmels, ein großes, auf der Spitze stehendes gleichseitiges Dreieck. In den folgenden Wochen wird das Dreieck ein bißchen schiefer.

Sonnenbahn und Dämmerung

Im August nimmt der helle Tag von 15 auf 13,5 Stunden ab. Der Sonnenuntergang in Wien ändert sich von 20:31 auf 19:39 MESZ. Im Westen Österreichs ist er je nach geografischer Länge später, in Innsbruck z.B. um 20 Minuten.

Anfangs wird es erst gegen 22 Uhr völlig dunkel. Zu Monatsende währt die tiefe Nacht aber schon 7 Stunden. Die bürgerliche Dämmerung (Sonnentiefe 6°, Lesen im Freien möglich) dauert etwa 35 Minuten, die nautische (-12°, am Meer sind Horizont und helle Sterne sichtbar) weitere etwa 45 Minuten. Der Unterschied zur astronomischen Dämmerung (siehe oben) ist aber in oder nahe einer Stadt kaum merklich. Was das für die Lichtverschmutzung bedeutet, werde ich am 19. Oktober bei der Salzburger Tagung der Amateurastronomen erörtern.
Der Abendhimmel im August

Wenn es zur Monatsmitte gegen 21 Uhr dunkel genug ist, sieht man im Westen die letzten Sterne des Löwen. Darüber steht der Große Wagen, dessen kurze Vierecks-Seiten zur Löwenmitte zeigen. Wenn man aber den Bogen der drei Deichselsterne nach links verlängert, kommt man zum Bärenhüter mit dem hellgelben Arktur. An ihm hat man schon früh die Eigenbewegung festgestellt, etwa 0,1° pro Jahrhundert. Der mit 37 Lichtjahren nächstgelegene Rote Riese ist neben Wega (hoch im Südosten) der hellste Stern am Nordhimmel. Folgen wir dem Deichselschwung weiter, funkelt tief im Südwesten Spica (α in der Jungfrau), die mit 20.000° zu den heißesten Riesensternen zählt.

Für einen Überblick können Sie hier den Sommerhimmel anklicken. Nahe dem Zenit faucht der Drache den Keule schwingenden Herkules an. Im Südsüdwesten ist noch Antares, der rote Hauptstern im Skorpion, in 10-15° Höhe zu sehen. Zwischen ihm und Herkules breitet sich der große Schlangenträger aus. In seiner Mitte kann man schon im Feldstecher die drei Kugelsternhaufen M10, 12 und 14 erkennen, 15° darunter strahlt Jupiter.
Im Osten steigt das Sommerdreieck mit der funkelnde Wega (Leier) sowie Deneb im Schwan (liegendes Kreuz) und Atair (α im Adler) empor. Wir werden es bis zum Herbstende sehen können. Im Schwan teilen einige Dunkelwolken die Milchstraße, die sich über den Adler und die Schildwolke zum Schützen hinabzieht. Links von ihm steht Saturn, der am 9.Juli Opposition hatte.
Rechts oberhalb des Polarsterns steht der bescheidene König Kepheus, seine stolze Gattin Kassiopeia als "Himmels-W" darunter. Der kleine Bär reckt sich vom Polarstern (α UMi) nach links oben. In Stadtnähe sieht man aber nur 3-7 Sterne, den Kleinen Wagen. Sie dienen als einfachster Indikator der Lichtverschmutzung: der dritthellste Stern Gamma hat 3.0 mag, der Sternenbogen zwischen α und ß etwa 4.3 mag.

Gegen 23 Uhr hat die Leier den Zenit überschritten und der Schütze den Meridian. Außerhalb der Städte ist nun das Band der Milchstraße am besten zu sehen, etwa 65° schräg zum Himmelsäquator. Es zieht sich von Kassiopeia und Schwan über den Adler und die helle Schildwolke zum Schützen. Hinter dessen vielen Sternhaufen und Nebeln (am hellsten sind M 23-25, M8, 17 und 20) verbirgt sich in 25.000 Lichtjahren Entfernung das Zentrum unserer Galaxis.

Diese Gegend ist für mich das schönste am Sommerhimmel: auf einer Liege, mit einem Feldstecher in der Hand, den tausenden Sternen im Schwan folgen und sich die Tiefen des Universums vorstellen ...

Im Osten kam inzwischen das Herbstviereck des Pegasus empor, links gefolgt von der Fünfsternreihe, über deren Mitte die Andromeda-Galaxie steht. Sie ist mit fast 3 Millionen Lichtjahren das entfernteste Objekt fürs freie Auge. Im Nordosten taucht der Perseus auf, aus dem seit Ende Juli die Sternschnuppen der Perseiden kommen. Ihr Maximum erreichen sie am 12.8., merklich aber erst ab Mitternacht.

Sichtbarkeit der großen Planeten
• Merkur ging am 21.7. vor der Sonne vorbei und kann vom 5. bis 15.8. am Morgenhimmel entdeckt werden. Freiäugig aber nur, wenn die Luft besonders klar ist. Er geht etwa 1 Stunde vor der Sonne auf. Am 9.8. erreicht er 19° Abstand von der Sonne.
• Venus steht hinter der Sonne und wird erst im Oktober am Abendhimmel erscheinen.
• Auch Mars ist bis zum Herbst unsichtbar.
• Jupiter im Schlangenträger dominiert den südlichen Abendhimmel und geht erst gegen Mitternacht unter. Bei Sonnenuntergang kulminiert er in 19° Höhe; über 10° sind es bis etwa 23 Uhr. Am 9.8. zieht der Mond 2° über ihm vorbei.
o Im Teleskop sieht man auf dem 40" großen Planetenscheibchen die 4 äquatorparallelen Wolkenstreifen, wobei sie derzeit im Süden schwächer sind. Ab etwa 150-facher Vergrößerung kann man die Turbulenzen der Wolkenränder erkennen,wenn man sie alle 2 Tage (ca. 5 Rotationen des Planeten) skizziert oder fotografiert.
o Der August bietet nochmals Gelegenheit, den Tanz der 4 hellen Jupitermonde zu verfolgen. Im Teleskop sind oft Mondschatten, Durchgänge oder Verfinsterungen zu beobachten (siehe Österr. Himmelskalender 2019). So der Schatten von Europa am 3.8. um 22h, am 10.8. ~23h und am 28.8. 19-21h, von Io am 7.8. 20-22h, am 14.8. ab 21:40 und am 30.8. bis 22h, vom größten Mond Ganymed am 22.8. ab 21:25. Die Durchgänge vor Jupiters Wolkenstreifen sind bei Io und Europa knapp 2 Stunden früher, aber nur in größeren Teleskopen sichtbar.
o Eintritt in Jupiters Schatten: Ganymed am 4.8. 23:31, Austritt von Europa am 12.8. 21:55, von Io am 15.8. 20:57. Hier kann man während einiger Minuten die ab- bzw. zunehmende Helligkeit des verfinsterten Mondes beobachten -- und sogar den Durchmesser abschätzen!
• Saturn im Schützen kommt 2 Stunden nach Jupiter empor und hatte am 9.7. seine alljährliche Opposition. Zur Monatsmitte geht er um 2:30 unter.
o Am 12.8. mittags zieht der Mond knapp an ihm vorbei. Auf Pazifikinseln wäre sogar eine Bedeckung zu sehen. Abends um 20h steht der Mond 5° links vom Ringplaneten und wandert alle 50 Minuten um seinen Durchmesser weiter --> auch freiäugig festzustellen!
o Saturns größter Mond Titan steht am 3. und 19.8. in östlicher Elongation, am 11. und 27. am weitesten westlich. Schon im guten Feldstecher ist er als Sternchen 7.Größe zu sehen. Er ist der einzige Mond mit einer Atmosphäre -- siehe Landung der europäischen Huygens-Sonde am 14.1.2005.
• Uranus im Widder und Neptun im Wassermann sind mit Fernrohr ab etwa 23 Uhr zu beobachten. Die Scheibchen der zwei Eisriesen messen 3,5" bzw. 2,5", und sind schon in kleinen Fernrohren erkennbar.
Mondphasen: Neumond 1.8. und 30.8., Erstes Viertel 7.8., Vollmond 15.8., Letztes Viertel 23.8.
Die Finsternis am 16.Juli war trotz mancher Wolken gut zu beobachten, auch im Sterngarten Georgenberg und auf vielen Volkssternwarten.

Besonderheiten am Mond:
* Am 9.8., ca. 21-22 Uhr wird der noch dunkle Boden des Kraters Hesiodus von einem Lichtstrahl "geteilt", der durch eine Lücke im Kraterrand kommt.
* Am 31.8. knapp vor 20:30 könnte die schmalste Mondsichel des Jahres zu sehen sein -- nur 32 Stunden nach dem Neumond. Er geht 59 Minuten nach der Sonne unter.


Weitere interessante Beobachtungsobjekte

Die Milchstraße (siehe oben) ist im August am besten zu beobachten -- und die Nächte und die Nächte sind warm. Streifen Sie mit einem Feldstecher durch die Sternbilder Kassiopeia, Schwan, Adler, Schild und Schütze -- wo es 5 bis 10x mehr Sterne als daneben gibt! Orten Sie die Dunkelnebel zwischen Schwan und Adler, suchen Sie die Sternhaufen M29, M39, 23, 24, 25, die hellen Gasnebel M8, 17, 20 und viele andere.
Details z.B. im Atlas der Messier-Objekte oder im Deep-Sky-Reiseführer.

Konjunktionen:
* 06.8., 0h: Merkur 9° südlich von Pollux (ß Zwillinge), ca. gleich hell
* 09.8., 24h: Jupiter 2° südlich des Mondes
* 12.8., 12h: Saturn nahe beim Mond
* 14.8., 8h: Venus in oberer Konjunktion
* 17.8., 15h: Neptun 4° nördlich des Mondes
* 21.8., 17h: Uranus 5° nördlich des Mondes
* 24.8., 15h: Venus 0,3° nördlich von Mars (unbeobachtbar, nur 3° neben Sonne)

Sternbedeckungen durch den Mond:
Diesmal zwei besonders helle Sterne, allerdings am Morgenhimmel:
24.8. Delta Tauri (3.9 mag) Wien 04:57,1 - 06:03,4 MESZ; bzw. Innsbruck 04:48,9 - 05:56,1
27.8. Delta Gem. (3.5 mag) Wien 05:52,9 (Anfang), bzw. Innsbruck 05:49,5 MESZ.

Kleinplaneten bis 9 mag:
1 Ceres 8.5 mag in Libra, 4 Vesta 7.8 in Ari/Tau, 15 Eunomia 8.3 mag in Aqr (Opposition 13.8.), nähere Daten siehe Minor Planet Center
Enge Begegnungen mit Sternen: siehe "Österr.Himmelskalender" und "Sterne und Weltraum", insbesondere:
27.8. 11h Eunomia 7' südlich von 12 Aqr (5.9 mag).

Kometen:
nur teleskopische; evt. erreicht C/2018 W2 (Africano) in Cam./Perseus 9.-10. Größe.

Meteorströme:
• Die Perseiden sind am besten vom 11.-13.8. zu beobachten (siehe oben, Sterngarten-Abende). Nach Mitternacht sieht man dann 20-100 Meteore pro Stunde. Heuer stört leider der zunehmende Mond etwas, er steht aber gegenüber im Westen und geht gegen 2 Uhr unter. Die Meteore ziehen sehr lange, rasche Spuren mit 59 km/Sekunde, einzelne gab es schon ab 20. Juli (und bis ca. 20. August).
• Ein schwächerer Strom sind (im ganzen Monat) die Cygniden, Maximum 18.8. mit stündlich 3-10 Sternschnuppen.
• Weitere Daten siehe die Liste in der Wikipedia.

Für Anfänger in der Astronomie
• Hermann Mucke: Himmelskunde im Freiluftplanetarium Wien. Um 10 € bei Führungen des Astrovereins (siehe oben und Folder)
• Sven Melchert: Alles über Astronomie , um 10 € im Kosmos-Verlag 2017
• Sky & Telescope: Astronomy for Beginners bzw. die wichtigsten Grundbegriffe (engl.)
• und fürs Nachdenken 30 unglaubwürdige Fakten zum Weltall: https://www.youtube.com/watch?v=u2dTM45D83E
Einige Neuigkeiten aus der astronomischen Forschung und Raumfahrt
• Der Mond entstand früher als gedacht: schon etwa 50 Mill. Jahre nach den Planeten, laut Isotopen-Analyse von Mondgesteinen
• Entwicklung der Venus -- Atmosphäre, Vulkanismus, Plattentektonik?
• Asteroid 2006 QV89 am 9.9. in Erdnähe
• 3D-Karte der Milchstraße -- an den Rändern ist die Galaxis gebogen
• Zwei weiße Zwerge in Todesspirale
• Radioastronomie: Prototyp für das künftige SKA
• Neues Röntgenteleskop eRosita erforscht Expansion des Universums
• Indien auf dem Weg zum Mond -- mit Orbiter, Landeeinheit und kleinem Rover

Besuchenswerte Sternwarten und Astrovereine in Wien & NÖ

Kuffner-Sternwarte (1160 Wien): http://kuffner-sternwarte.at/index.php (veranstaltet auch Perseiden-Nächte in Großmugl)
Urania-Sternwarte und Planetarium: https://www.vhs.at/de/e/planetarium
WAA (Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie): https://www.waa.at
Antares (St. Pölten) und Sternwarte Michelbach: http://www.noe-sternwarte.at/
Astr. Arbeitskreis Amstetten: http://www.amstetten.noe.gv.at/Arbeitskreise.335.0.html
Leiserberge-Sternwarte: http://www.leiserbergesternwarte.at
Leitzersdorf, Astronom. Gesellschaft: http://agl.or.at
Martinsberg, Sternwarte Orion: http://www.sternwarte.wvnet.at
Waldviertler Astr. Gesellschaft: http://www.sternwarte-hoehenberg.at
Sauerbrunn, Burgenländische Amateurastronomen: https://www.alrukaba.at
Naturhistorisches Museum, Meteor-Radar im Saal 5: http://www.nhm-wien.ac.at/forschung/min ... hie/meteor


Auf rege Inanspruchnahme der Angebote und auf interessante Kontakte freut sich

Dr. Gottfried Gerstbach
1. Vorsitzender des ÖAV
Laadoc
 
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